Nietzsches Worte durchdringen die Zeit und bleiben in der Tiefe seiner Gedanken verwurzelt. In diesen kurzen Auszügen aus 'Menschliches, Allzumenschliches I Ein Buch für freie Geister (1878)' öffnet sich uns eine Welt von Betrachtungen über Verwandtschaft, Kampf und die Kunst der Lebenserleichterung. Die Teile 'Zu Gunsten der Muße' und 'Zu Gunsten der Müßigen' sowie Nietzsches Blick in 'Zarathustra' (1883) enthüllen weitere Aspekte seiner philosophischen Gedanken. Die Nietzsche-Biografin Carol Diethe untersucht in ihrem Buch 'Vergiss die Peitsche' Nietzsches Beziehungen zu den Frauen, was einen tieferen Einblick in sein Leben und Werk bietet. Nicht zuletzt wird die Bedeutung des Begriffs 'Blinzler' in Nietzsches Texten und seine Verbindung zu einer möglichen Definition von 'lügenden Fürsprechern' näher beleuchtet.
Friedrich Wilhelm Nietzsche (* 15. Oktober 1844 in Röcken; † 25. August 1900 in Weimar) war ein deutscher klassischer Philologe, dessen Hauptwerk jedoch aus Schriften besteht, die ihn – allerdings erst postum – als Philosophen weltberühmt machten. Als Nebenwerke schuf er Dichtungen und musikalische Kompositionen. Ursprünglich preußischer Staatsbürger war er seit seiner Übersiedlung nach Basel 1869 staatenlos.
Inhaltsverzeichnis
Verwandtschaft …
In diesem Abschnitt wird die Dynamik der Verwandtschaft in Friedrich Nietzsches Gedankenwelt erkundet. Wie bereits im Exzerpt erwähnt, untersucht dieser Text die Nähe, den Kampf und die Lebenserleichterung im Kontext von Verwandtschaftsbeziehungen.
Zur Kriegsgeschichte des Individuums
Zur Kriegsgeschichte des Individuums: Wir finden in ein einzelnes Menschenleben, welches durch mehrere Kulturen geht, den Kampf zusammengedrängt, welcher sich sonst zwischen zwei Generationen, zwischen Vater und Sohn, abspielt: Die Nähe der Verwandtschaft verschärft diesen Kampf, weil jede Partei schonungslos das, ihr so gut bekannte Innere der anderen Partei mit hineinzieht; und so wird dieser Kampf im einzelnen Individuum am erbittertsten sein; hier schreitet jede neue Phase über die früheren mit grausamer Ungerechtigkeit und Verkennung von deren Mitteln und Zielen hinweg.
Von der Erleichterung des Lebens
Von der Erleichterung des Lebens: Ein Hauptmittel, um sich das Leben zu erleichtern, ist das Idealisieren aller Vorgänge desselben; man soll sich aber aus der Malerei recht deutlich machen, was idealisieren heißt. Der Maler verlangt, dass der Zuschauer nicht zu genau, zu scharf zusehe, er zwingt ihn in eine gewisse Ferne zurück, damit er von dort aus betrachte; er ist genötigt, eine ganz bestimmte Entfernung des Betrachters vom Bilde vorauszusetzen; ja er muss sogar ein ebenso bestimmtes Maß von Schärfe des Auges bei seinem Betrachter annehmen; in solchen Dingen darf er durchaus nicht schwanken. Jeder also, der sein Leben idealisieren will, muss es nicht zu genau sehen wollen und seinen Blick immer in eine gewisse Entfernung zurück-bannen.
Im Folgenden wird weitere Facette dieser Themen beleuchtet:
Zu Gunsten der Muße
Zu Gunsten der Muße. — Die Arbeit bekommt immer mehr alles gute Gewissen auf ihre Seite: Der Hang zur Freude nennt sich bereits „Bedürfnis der Erholung“ und fängt an, sich vor sich selber zu schämen. „Man ist es seiner Gesundheit schuldig“ — so redet man, wenn man auf einer Landpartie ertappt wird. Ja, es könnte bald so weit kommen, dass man einem Hang zur vita contemplativa (das heißt zum Spazierengehen mit Gedanken und Freunden) nicht ohne Selbstverachtung und schlechtes Gewissen nachgäbe.
Zu Gunsten der Müßigen
Zu Gunsten der Müßigen. — Zum Zeichen dafür, dass die Schätzung des beschaulichen Lebens abgenommen hat, wetteifern die Gelehrten jetzt mit den tätigen Menschen in einer Art von hastigem Genuss, sodass sie also diese Art, zu genießen, höher zu schätzen scheinen, als die, welche ihnen eigentlich zukommt und welche in der Tat viel mehr Genuss ist. Die Gelehrten schämen sich des otium. Es ist aber ein-edel-Ding um Muße und Müßiggehen. — Wenn Müßiggang wirklich der Anfang aller Laster ist, so befindet er sich also wenigstens in der nächsten Nähe aller Tugenden; der müßige Mensch ist immer noch ein besserer Mensch als der tätige. — Ihr meint doch nicht, dass ich mit Muße und Müßiggehen auf euch ziele, ihr Faultiere? —
Nietzsche spielt hier mit der Idee, dass die Tugend des Müßiggangs, also des "Nichtstuns", möglicherweise nicht so negativ ist, wie sie oft dargestellt wird. Er kontrastiert dies ironisch mit dem traditionellen Gedanken, dass Müßiggang der Anfang aller Laster sei.
Er argumentiert, dass wenn der Müßiggang wirklich als der Anfang aller Laster betrachtet wird, er zumindest eng mit allen Tugenden verbunden ist. Nietzsche stellt die traditionelle Vorstellung infrage, dass Aktivität und Fleiß automatisch besser sind als Müßiggang. In seiner Interpretation impliziert er, dass der müßige Mensch trotz seiner scheinbaren Inaktivität und Entspanntheit vielleicht moralisch oder ethisch gleichwertig oder sogar überlegen sein könnte im Vergleich zu jemandem, der ständig aktiv ist.
Die rhetorische Frage am Ende, "Ihr meint doch nicht, dass ich mit Muße und Müßiggehen auf euch ziele, ihr Faultiere?", könnte als eine ironische Art verstanden werden, den Leser aufzufordern, nicht falsch zu interpretieren, dass er die Leser tatsächlich als "Faultiere" bezeichnet. Hier spielt Nietzsche mit dem Gedanken, dass die Gesellschaft oft die Tugend des Handelns über die des Nachdenkens oder Innehaltens stellt.
Wenn schon F. Nietzsche, dann auch Zarathustra (1883)
Zum Beispiel "Vom neuen Götzen" … hart aber herzlich … seinerzeit. – Nietzsches Spuren.
In Zarathustra und Denkschriften anderer Autoren kommt das Wort 'Blinzler' vor. Nun, was bedeutet 'Blinzler' (blinzeln, zwinkern)? – so auf einer Webseite, die so folgende Definition: "Ein Blinzler ist, der für andere lügt, um sie vor Strafe zu schützen und vom Leid des andern nichts wissen will." Im Duden ist nur das Augenblinzeln beschrieben (durch Blinzeln gegebenes Zeichen der Verständigung), also nichts im Kontext der Definition, die für Blinzler den Texten nach als richtig ist.
Nietzsche nutzt den Begriff, um eine spezifische Art des Verhaltens zu beschreiben, die über die bloße Gestik des Augenblinzelns hinausgeht.
Im Werk "Also sprach Zarathustra" vermittelt der Begriff Blinzler eine Idee der Täuschung oder der Ablehnung der Wahrheit zugunsten einer gefälligeren Realität. Ein Blinzler könnte daher als jemand betrachtet werden, der sich der Realität entzieht, der Lügen und Ausflüchte benutzt, um die Wahrheit zu verschleiern oder zu vermeiden. Dies kann als eine Metapher für Menschen oder Ideen verstanden werden, die die Wahrheit oder Realität nicht akzeptieren wollen und stattdessen eine bequemere, aber möglicherweise unehrliche Perspektive wählen.
Nietzsche verwendet den Begriff Blinzler in seinem Werk, um auf eine spezifische Art von Verhalten oder Ideologie hinzuweisen, die die Wahrheit verbergen oder verfälschen möchte. Es ist eine subtile Art, auf die menschliche Tendenz hinzuweisen, sich der Unbequemlichkeit der Wahrheit zu entziehen, indem man sie verfälscht oder ignoriert.
Zarathustra —. Die folgende Passage im Kapitel verlangt nun Aufklärung …
… welches 'Von alten und jungen Weiblein' von der Begegnung Zarathustras mit einem 'alten Weiblein' berichtet.
Dieses fordert den Weisen auf, auch einmal etwas über die Frauen zu sagen, und er beginnt seine Ausführungen mit den Worten: 'Alles am Weibe ist ein Rätsel, und alles am Weibe hat eine Lösung: Sie heißt Schwangerschaft.' Im Folgenden wird mehrfach auf die Gefährlichkeit der Frau für den Mann hingewiesen ('Der Mann fürchte sich vor dem Weibe') und darauf, dass die Frau sich unterzuordnen habe ('Und gehorchen muss das Weib').
Das alte Weiblein dankt Zarathustra für seine Darlegungen und bestätigt sie ihm mit einer kleinen Wahrheit, die im Original diesen Wortlaut hat: "Du gehst zu Frauen? Vergiss die Peitsche nicht!"
Erkenne Nietzsche neu –
abseits von Missverständnissen.
Dieses Missverständnis der zitierten Stelle Du gehst zu Frauen? Vergiss die Peitsche nicht! wurde erst durch von Nietzsche nachträglich arrangierte Bilder richtiggestellt! Diese Bildarrangements sollten verdeutlichen, wie Missverständnisse, wie etwa die Assoziation mit der Peitsche, Nietzsches Werke beeinflussten und ihn dazu veranlassten, sie zu korrigieren.
Die Nietzsche-Biografin Carol Diethe verfasste ein Buch mit dem Titel Vergiss die Peitsche, das Nietzsches Beziehungen zu den Frauen zum Gegenstand hat.
Bild: Lou von Salomé (mit Peitsche), Paul Rée und Friedrich Nietzsche auf einem von Nietzsche arrangiertem Foto, nachdem Salomé Heiratsanträge der beiden abgelehnt hatte.
Andreas Belwe schreibt zu diesem berühmten Zitat: "Was dem Laien zu Nietzsche als Erstes einfällt, ist der Spruch: 'Wenn zum Weibe gehst, vergiss die Peitsche nicht.‘ […] Aber: was die wenigsten wissen, ist, dass dieser Satz ironisch gemeint ist und eine Kritik darstellt an dem repressiven Geschlechterverhältnis seiner Zeit.[62] Belwe erklärt, dass Nietzsche einer der ersten Philosophen war, die die Geschlechterdifferenz berücksichtigten und stellt fest: "Dieses Zitat avancierte dann zur frauenfeindlichsten Äußerung überhaupt. Aber nur aus Unkenntnis. Außerdem dient es als Standardvorwurf an Nietzsche, um ihn gynophob oder als misogyn abzustempeln."[62]
Nietzsche diskutierte hauptsächlich mit Frauen und war umgeben von Frauenrechtlerinnen, von denen viele nach Sils Maria reisten, um ihn zu besuchen. Zu diesen Frauen gehörten zum Beispiel:
- Helene von Druskowitz (die zweite promovierte Philosophin überhaupt).
- Lou Andreas-Salomé (s. o., eine weitgereiste Schriftstellerin und Psychoanalytikerin).
- Die Radikalfeministin und Pazifistin Helene Stöcker würdige Nietzsche in ihrer Autobiografie mit folgenden Worten: "Keinem andern Geist unter den Lebenden fühle ich mich so tief verbunden."
Schlusswort
Nietzsches Worte wirken weiter, eingebettet in die Tiefe seiner Gedanken. Diese Erkundung durch Nietzsches Gedanken soll nicht nur unseren Verstand anregen, sondern auch unsere Herzen dazu bewegen, eigene Wege der Selbstreflexion und des Verständnisses zu erkunden. In seinen Werken finden wir nicht nur Wissen, sondern auch Inspiration für unsere persönliche Entwicklung im Leben. Also lasst uns mit offenen Herzen und neugierigen Geistern dieses Erbe erforschen und für uns nutzen, um unseren eigenen Platz in dieser Welt zu entdecken. Mögen die Essenz seiner Gedanken uns begleiten und uns dabei helfen, ein tieferes Verständnis sowohl über uns selbst als auch über das Leben zu erlangen, das wir führen.
Es ist ratsam, sich bei Studieninhalten auf persönlich interessante Themen zu konzentrieren – eine Empfehlung, Jenseits von Gut und Böse in "Einordnung Nietzsches Schriften" … (Kultur) Nietzsche lesen kann schwer werden.